Zuckermarkt: Bundesrat schlägt guten Kompromiss vor

Heute Nachmittag berät der Nationalrat über die Einführung eines gesetzlichen und unbefristeten Mindestgrenzschutzes für Zucker. Ein solche Abschottung des Zuckermarkts ein falsches und gefährliches Rezept zur Lösung der Probleme im Zuckerrübenanbau.

Am 3. Mai 2021 wird im Nationalrat der Vorschlag der WAK-N zur Fixierung eines Mindestgrenzschutzes für Zucker im Landwirtschaftsgesetz (LwG) beraten. Eine Annahme dieses Vorschlags würde die Situation für die Verarbeiter von Schweizer Zucker erschweren und wäre langfristig auch für die Zuckerhersteller mit Gefahren verbunden.

Mehrkosten in Millionenhöhe
Gemäss Schätzung aus den Reihen des Schweizer Bauernverbands («nur 0,5 Rp. pro Schokoladetafel») würden alleine für die 16 Schweizer Schokoladefabriken wiederkehrende Mehrkosten von zusammen rund 10 Millionen Franken oder von jährlich über 2'000 Franken pro Arbeitsplatz entstehen. Weil die Kombination von Mindestgrenzschutz und Zuckermonopol die Möglichkeiten der Preisdifferenzierung durch den einzigen Anbieter von Schweizer Zucker stärkt, liesse sich nur schwer abschätzen, welche Unternehmen wieviel von diesen Mehrkosten in Millionenhöhe zu tragen hätten.

Weniger Exporte, mehr Importe: Produktionsstandort Schweiz unter Druck
2020 gingen unsere Branchenumsätze im Export stark zurück (-14% bei Schokolade, -13% bei Zuckerwaren, -17% bei Dauerbackwaren). Im Inlandmarkt stiegen gleichzeitig die Marktanteile der ausländischen Importeure (Schokolade & Biskuits: +5%, Zuckerwaren: +2%). Die Entwicklung «weniger Exporte, mehr Importe» hielt auch im ersten Quartal 2021 an (Exportumsatz Schweizer Schokolade -9% und Zuckerwaren -34%, Importmenge ausländischer Schokolade +13%).

Kürzere Spiesse schaden langfristig auch unseren Schweizer Zulieferbetrieben
Die grenzschutzbedingte Verteuerung des Rohstoffs würde – ohne Befristung und Ausgleichsmöglichkeit – für unsere inländischen Produzenten neue kürzere Spiesse gegenüber den Produktionsstandorten im Ausland schaffen. Der Importdruck würde weiter zunehmen.

Bewährtes Grenzschutzsystem auf Verordnungsebene
Auch ohne Mindestgrenzschutz ist der Schweizer Zuckermarkt grenzgeschützt. Mit einem auf Verordnungsebene regulierten Zollsatz wird der Weltmarkt-Importpreis für Zucker auf das europäische Niveau verteuert. Der von der Zuckerlobby oft ins Feld geführte Grenzschutz der EU für Zucker in Höhe von über 400 Euro/t stützt somit auch den Zuckerpreis in der Schweiz. Der Bundesrat kann dieses System auf Verordnungsebene flexibel bewirtschaften und wo nötig anpassen. Deshalb braucht es keinen Mindestgrenzschutz im Gesetz.

Guter Kompromiss des Bundesrats
Zuckerrübenpflanzer kämpfen derzeit – und voraussichtlich auch noch die nächsten rund drei Jahre, bis resistentere Rübensorten da sind – mit Pflanzenkrankheiten und Missernten. Um den Bauern zu helfen und die Zuckerfabrik auszulasten, ohne den nachgelagerten Betrieben zu schaden, hat der Bundesrat einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Dieser sieht höhere Einzelkulturbeiträge auf Verordnungsstufe vor. Der Kompromiss trägt den Interessen der Zuckerproduzenten (höhere Einzelkulturbeiträge), der Umwelt (Förderung des ökologischen Zuckerrübenanbaus im Verordnungspaket zur pa.Iv. “Absenkpfad”) und dem Produktionsstandort (Verzicht auf Mindestgrenzschutz) Rechnung.

Gefährliches Powerplay der Zuckerlobby

Demgegenüber ist das «Durchboxen» einer gesetzlichen Lösung auch für die Landwirte mit Risiken behaftet. Denn es droht auch eine Fixierung von tieferen Einzelkulturbeiträgen im Gesetz. Damit würden die Rübenpflanzer deutlich weniger Unterstützung erhalten als heute. Wie der Grenzschutz, so sind auch die Einzelkulturbeiträge Themen, welche besser auf Verordnungsebene geregelt werden sollen – so wie es der Bundesrat vorschlägt.